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Künstliche Intelligenz (KI): Meine 15-jährige Erfahrung mit dem Wandel von Theorie zur Realität

Wie würde es aussehen, wenn eine Technologie, die vor 15 Jahren noch wie reine Science-Fiction erschien, heute unseren Alltag und unsere Arbeitswelt grundlegend verändert hat?

Künstliche Intelligenz (KI) – ein Wort, dass für mich persönlich hätte Platz 1 der Liste Wort des Jahres 2023 erreichen müssen – zumindest aus technischer Perspektive (Das Wort KI-Boom hat es auf Platz 4 geschafft. Immerhin noch vor dem Wort Ampelzoff).
Meinen ersten Berührungspunkt mit diesem Thema hatte ich exakt vor 15 Jahren. Ich habe damals Wirtschaftsinformatik an der FH Kufstein studiert und wir mussten für unsere Abschlussarbeit ein Forschungsthema auswählen. Gut erinnere ich mich noch daran, dass viele meiner KommilitonenInnen das Thema Künstliche Intelligenz gewählt haben. Damals war dieses Thema allerdings für mich persönlich noch zu „neu“ und auch „nicht greifbar genug“, sodass ich diesem Thema damals nicht wirklich viel Beachtung geschenkt habe.

Und nun, 15 Jahre später, wurde aus reiner Science-Fiction Wirklichkeit: Künstliche Intelligenz ist nicht nur ein fester Bestandteil der heutigen technologischen Landschaft geworden, sondern stellt auch ein zentrales Thema in vielen Diskussionen dar – sowohl im professionellen als auch im privaten Bereich.
Es ist faszinierend zu sehen, wie eine Idee, die einst als futuristisches Konzept galt, sich zu einer der prägendsten Technologien unserer Zeit entwickelt hat. Diese Transformation lässt mich nicht nur über die beeindruckende Evolution von KI nachdenken, sondern weckt auch mein Interesse für deren historischen Hintergrund.

Aus diesem Grund möchte ich im nächsten Abschnitt einen kurzen Blick auf die historische Entwicklung der Künstlichen Intelligenz werfen – von ihren Anfängen als abstrakte Theorie bis hin zu ihrer heutigen, allgegenwärtigen Anwendung. Einfach – weil es mich persönlich auch interessiert. Zudem bin ich der Ansicht dass man, um komplexe Sachverhalte wenigstens grundlegend verstehen zu können, sich auch mit der Historie beschäftigen sollte.

Geschichtlicher Rückblick

Eine Schlüsselfigur in der Geschichte der Künstlichen Intelligenz ist der britische Mathematiker Alan Turing, dessen Visionen und Theorien die Welt maßgeblich geprägt (und verändert) haben. Er stellte die Idee einer universellen Rechenmaschine vor – heute als Turing-Maschine bekannt. Diese Maschine sollte das Potenzial besitzen, jedes durch einen Algorithmus darstellbare und lösbares Problem zu bewältigen. Überträgt man dieses Konzept auf menschliche Intelligenz, ergibt sich eine faszinierende Frage: Wenn kognitive Prozesse in endliche, wohldefinierte Einzelschritte zerlegt und algorithmisiert werden können, sind dann nicht auch diese Prozesse auf einer Maschine ausführbar?

1950 erweiterte er diese Überlegungen durch die Einführung des Turing-Tests. Stellen wir uns vor, jemand behauptet, einen Computer auf dem Intelligenzniveau eines Menschen programmiert zu haben. Wie könnten wir diese Aussage überprüfen? Turing schlug vor, dass ein Computer dann als intelligent gelten sollte, wenn Menschen in einem Frage-und-Antwort-Spiel nicht feststellen können, ob am anderen Ende der Leitung ein Computer oder ein Mensch sitzt.

Diese Gedankenexperimente Turings leiteten eine tiefgreifende Auseinandersetzung ein, die bis heute andauert: die Unterscheidung zwischen starker und schwacher Künstlicher Intelligenz. Während die schwache KI lediglich menschenähnliche Antworten simuliert, strebt die starke KI danach, echtes menschliches Denken und Bewusstsein in Maschinen nachzubilden – eine Vision, die noch immer den Horizont unserer technologischen Landschaft erweitert.

Im Jahr 1956 wurde ein entscheidendes Kapitel in der Geschichte der Künstlichen Intelligenz eingeläutet. Das Summer Research Project on Artificial Intelligence in Dartmouth, New Hampshire, markierte den Beginn der KI-Entwicklung. Durch verschiedene Vorreiter wurde der Grundstein gelegt für das, was wir heute als Künstliche Intelligenz verstehen. In dieser Zeit wurden Projekte zur maschinellen Sprachübersetzung intensiv gefördert. Hintergrund war es, Sätze Wort für Wort zu übersetzen und in die Zielstruktur der jeweiligen Sprache zu integrieren. Dabei stieß man auf die Herausforderung, dass Sprache oft mehrdeutig ist und automatisches Übersetzen umfassendes Wissen über die Welt erfordert – ein Aspekt, der damals in der KI-Forschung noch unterschätzt wurde.

Diese frühen Experimente und Erkenntnisse waren von unschätzbarem Wert für die KI-Enwicklung, zeigten aber auch, wie komplex und vielschichtig die Herausforderungen in diesem Bereich sind.

In den Jahren zwischen 1965 und 1975 wurden Finanzierungen für KI-Projekte drastisch gekürzt mit der Folge, dass KI-Forscher lediglich in „Spielzeugwelten ohne praktischen Nutzen“ agierten. KI-Forscher erkannten bereits in dieser Phase die Bedeutung von Wissen für intelligente Systeme. Von nicht zu unterschätzender Relevanz gelten in dieser Zeit folgende Forschungsprojekte:

  • ELIZA (1967): Dieses Programm, das in einfachster Weise die Konversation eines Psychotherapeuten mit einem Klienten nachahmte, ermöglichte Nutzern, sich per Tastatur mit einem Computer zu unterhalten. Der forschende Entwickler war dabei selbst überrascht, wie leicht Menschen die Illusion eines menschlichen Gesprächspartners akzeptieren.
  • SHRDLU (1972): Dieses natürlichsprachliche System operierte in einer einfachen Klötzchenwelt, konnte Fragen zur Position dieser Klötzchen beantworten und auf Anweisung hin die Klötzchen umstellen. SHRDLU war wegweisend, da es erstmalig Sprachverständnis mit der Simulation zielgerichteter Handlungen kombinierte.
  • SHAKEY (1972): Auch dieses System ageierte in einer simulierten, überdimensionalen Klötzchenwelt – war allerdings mit einer drehbaren Kamera als Kopf und einem großen Computer als Körper ausgestattet. Mit erheblichem Zeitaufwand war er in der Lage, einfache Aufgaben auszuführen – wie z. B. einen Block in einen anderen Raum zu transportieren.

Zwischen 1975 und 1985 begann die KI-Forschung, sich von theoretischen Modellen hin zu praktischen Anwendungen zu entwickeln. In dieser Zeit rückten Expertensysteme in den Vordergrund. Diese Systeme, die in akademischen Kreisen begannen und später kommerziellen Erfolg erzielten, repräsentierten Fachwissen in Form von Regeln und Wissensbasen. Ein herausragendes Beispiel war MYCIN, das in der Medizin zur Diagnose und Therapieentscheidung eingesetzt wurde und Entscheidungen auf Expertenniveau treffen konnte. Weitere bedeutende Expertensysteme entstanden in verschiedenen Bereichen, von der Medizin bis zur Informatik, und leisteten signifikante Beiträge in ihren jeweiligen Fachgebieten. Parallel dazu gewann auch die praktisch orientierte Sprachverarbeitung an Bedeutung, mit Systemen wie HAM-ANS, die natürlichsprachliche Schnittstellen zu Datenbanken und Betriebssystemen ermöglichten.

Von 1985 bis 2010 erlebte Künstliche Intelligenz wichtige Entwicklungen, beginnend mit der Renaissance neuronaler Netze in den 1980er Jahren, die vor allem durch den Konnektionismus und Programme wie NETtalk vorangetrieben wurden. Trotz Herausforderungen wie mangelnden Trainingsdaten und begrenzter Rechenleistung, setzte sich der Trend fort. In den 1990er Jahren führte die Verteilte KI (= Ansatz, durch Verteilung und Kooperation verschiedener intelligenter Einheiten komplexe Aufgaben effizienter und flexibler zu lösen) zu bedeutenden Fortschritten. Ein markantes Ereignis war der Sieg von Deep Blue über Garry Kasparov im Schach. Parallel dazu erfuhr die Robotik, besonders durch den RoboCup, einen enormen Aufschwung, und gegen Ende dieses Zeitraums begannen autonome Roboter, maschinelles Lernen zu integrieren.

Seit 2010 hat die Kommerzialisierung der KI neue Maßstäbe gesetzt. Technologien wie maschinelles Lernen, die Verarbeitung natürlicher Sprache und neuronale Netze wurden durch Fortschritte in Software und Hardware sowie durch umfangreiche Datenmengen populär. Wegweisend waren IBM’s Watson und der Sieg von Googles AlphaGo im Jahr 2016. Mit der Einführung von ChatGPT im Jahr 2022 erreichte KI einen neuen Höhepunkt. Heute sind KI-Anwendungen branchenübergreifend im Einsatz und generative KI wird laut Studien bereits von 50% der Entscheider in der DACH-Region genutzt.

Künstliche Intelligenz – Geschichtlicher Rückblick

Meine persönlichen Erfahrungen

Wie anfangs erwähnt bin ich dieses Jahr wirklich eher „zufällig“ auf das Thema Künstliche Intelligenz gestoßen. Seitdem hat mich das Thema auch nicht mehr losgelassen. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle, dass wenn ich in diesem Abschnitt über Künstliche Intelligenz spreche, mich auf ChatGPT als Marktführer der Generativen KI fokussiere.
Für mich persönlich fühlt es sich an wie eine neue „Industrielle Revolution“: Eine neue Technik, die unser aller Leben komplett verändern wird und an dessen ich als Zeitzeuge teilhaben darf.

Gestartet bin ich mit GPT-3.5 – die kostenlose Version von OpenAI – welche mich schon recht gut überzeugt hat. Der sogenannte „Wow-Effekt“ blieb´ allerdings noch aus da die Funktionsweise schlichtweg noch begrenzt war. Ursache hierfür war die Limitierung der Trainingsdaten, welche lediglich bis Januar 2022 verfügbar waren. Das heisst, es existierten keine Informationen über Ereignisse, Entwicklungen oder allgemeines Wissen nach diesem Datum. Auch hat mich die grundlegenden Funktionsweise noch nicht so recht überzeugt (Ich habe unheimlich viel herum- und ausprobiert).
Ich kann mich z. B. noch an ein Szenario erinnern dass ich GPT3.5 einmal gefragt habe, ob sie mir doch bitte einen Vorschlag für einen Spaziergang mit Länge x in Rosenheim nennen könnte da ich hier in Rosenheim unheimlich gerne längere Spaziergänge mache und Ich mir neue Impressionen holen wollte. Als ich den Vorschlag geprüft habe musste ich feststellen, dass die vorgeschlagene Route alles Andere als korrekt war und auch überhaupt keinen Sinn ergab.

Mein persönlicher „Wow-Effekt“ stellte sich erst ein, als ich die Version GPT-4 (Kostenpflichtige Version von OpenAI) einfach mal für eine gewisse Zeit ausprobieren wollte (Spoiler: Ich bin so begeistert, dass ich diese Version immer noch verwende).
Aufgrund neuer Funktionalitäten war nun GPT-4 auch in der Lage, sich Echtzeitdaten direkt aus dem Internet zu holen. Das heisst zusätzlich zu den Trainingsdaten war es nun auch möglich, wirklich aktuelle Informationen über Ereignisse, Entwicklungen oder allgemeines Wissen zu erhalten. Und nicht nur das – mit DALL·E war es nun sogar möglich, Bilder aus schriftlichen Beschreibungen zu generieren. Die Bilder, welche ich für die Grafik Künstliche Intelligenz – Geschichtlicher Rückblick verwendet habe, wurden z. B. mit DALL·E erzeugt.

Zur Veranschaulichung und zum allgemeinen / nichttechnischen Verständis an das oben genannte Beispiel habe ich folgende Frage gestellt an GPT-3.5 und GPT-4:

Servus, bitte schlage mir doch eine schöne Tour für einen Spaziergang in Rosenheim Oberbayern vor mit einer Länge um die 5km. Achte bitte darauf, dass die Tour in Rosenheim startet und auch wieder in Rosenheim endet. Ich möchte nur Vorschläge von Touren in Rosenheim erhalten. Danke.

GPT-3.5

Servus! Es freut mich, dass du nach einer schönen Spaziertour in Rosenheim suchst. Hier ist eine Empfehlung für eine etwa 5 km lange Spaziergangsrunde in Rosenheim:

Tour: Rund um den Simssee

  • Startpunkt: Rosenheim
  • Streckenlänge: Ca. 5 km
  • Dauer: Etwa 1,5 bis 2 Stunden

Beschreibung: Diese Spaziertour führt dich rund um den idyllischen Simssee, der sich in der Nähe von Rosenheim befindet. Du kannst in Rosenheim starten und von dort aus folgende Route nehmen:

  1. Starte in der Innenstadt von Rosenheim und gehe in Richtung Osten zum Inn.
  2. Überquere die Innbrücke und folge dem Uferweg flussabwärts.
  3. Du wirst bald den Simssee erreichen. Biege nach links ab und folge dem Ufer des Sees.
  4. Genieße die wunderschöne Aussicht auf den See und die umliegenden Berge.
  5. Folge dem Weg, der dich schließlich zurück nach Rosenheim führt.

Während dieses Spaziergangs kannst du die Natur am Simssee genießen und gleichzeitig in Rosenheim starten und enden. Vergiss nicht, deine Kamera mitzunehmen, um die malerische Landschaft festzuhalten. Viel Spaß bei deinem Spaziergang!

GPT-4

Um eine schöne Spaziergangstour in Rosenheim, Oberbayern, zu finden, werde ich die Suchfunktion nutzen, um geeignete Vorschläge für eine etwa 5 km lange Route zu finden. Moment bitte, ich schaue nach.

Servus! Für einen schönen Spaziergang in Rosenheim habe ich zwei interessante Touren gefunden, die jeweils in Rosenheim starten und enden.

Großer historischer Rundgang durch die Stadt Rosenheim: Diese Tour ist ein thematischer Rundweg, der dich durch die Rosenheimer Innenstadt führt. Auf dem Weg gibt es 20 Informationstafeln, die wichtige bauliche Entwicklungen der Stadt beleuchten. Die Route ist leicht zu bewältigen, etwa 4 km lang und dauert rund 2 Stunden und 15 Minuten​

Stadtrundgang Rosenheim: Diese Route bietet eine Mischung aus Natur und Kultur. Sie führt durch die historische Fußgängerzone, vorbei an Sehenswürdigkeiten wie dem Max-Josephs-Platz und der Stadtpfarrkirche St. Nikolaus. Du überquerst auch den Hammerbach und besuchst den Mangfallpark. Die Tour ist insgesamt etwa 5,6 km lang und dauert rund 1 Stunde und 18 Minuten​

Beide Touren bieten eine tolle Mischung aus Natur, Kultur und Geschichte, perfekt für einen entspannten Spaziergang in Rosenheim. Viel Spaß dabei!

Meines Erachtens zeigt dieses Beispiel deutlich die wesentlichen Unterschiede der beiden Versionen auf eine nichttechnische Weise:
GPT-3.5 schlägt mir basierend meiner Anforderung eine Route „in der Nähe von Rosenheim“ vor. Da ich die Enfernung kenne weiss ich, dass dieser Spaziergang wie vorgeschlagen definitiv länger als 5km ist. Somit ist die Verlässlichkeit dieser Information nicht gegeben und somit auch nicht korrekt.

GPT-4 ist durch die Echzeitrecherche und basierend meiner Anforderung wesentlich genauer und schlägt mir sogar zwei Touren vor. Da ich diese Spaziergänge bereits selbst gegangen bin und kenne weiss ich, dass diese Informationen korrekt(er) sind.

My 2 Cents

Wir stehen am Anfang einer neuen Ära, welche ich persönlich als „Industrielle Revolution der Künstlichen Intelligenz“ bezeichnen würde. Diese bahnbrechende Technologie hat das Potenzial, unser aller Leben zu revolutionieren – Ähnlich wie die Dampfmaschine oder das Fließband in der Vergangenheit.

Während KI uns in vielen Bereichen unterstützt, bleiben Aufgaben wie die kritische Prüfung und Validierung von zur Verfügung gestellten Inhalten, detaillierte (Internet)Recherchen sowie das tiefe Verständnis im Requirements Engineering – also das präzise und möglichst unmissverständliche Formulieren von Anforderungen und Fragen – unverzichtbar menschliche Kompetenzen.

Sie dienen als Werkzeuge, die unsere Fähigkeiten erweitern, aber noch nicht ersetzen. In diesem Sinne ist menschliche Intuition und Expertise durch Algorithmen noch nicht ersetzbar, sondern wird durch sie ergänzt und erweitert.

Quellenangabe:
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/wort-des-jahres-krisenmodus-100.html, abgerufen am 23.12.2023
https://www.computerwoche.de/a/eine-kleine-geschichte-der-kuenstlichen-intelligenz,3330537, abgerufen am 26.12.2023
https://www.alphabots.de/Blog-14, abgerufen am 26.12.2023
https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/nettalk/14568, abgerufen am 26.12.2023
https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/konnektionismus/8070, abgerufen am 26.12.2023
https://www.computerwoche.de/a/praktischer-einsatz-von-chatgpt-und-co,3615179, abgerufen am 26.12.2023
https://www.bidt.digital/publikation/verbreitung-und-akzeptanz-generativer-ki-in-deutschland-und-an-deutschen-arbeitsplaetzen/, abgerufen am 26.12.2023
https://www.autoblocks.ai/glossary/mycin, abgerufen am 26.12.2023
https://www.wiwo.de/technologie/digitale-welt/kuenstliche-intelligenz-ein-jahr-chatgpt-diese-grafiken-zeigen-wer-die-gewinner-des-ki-hypes-sind/29531946.html, abgerufen am 27.12.2023
https://chatopenai.de/, abgerufen am 27.12.2023
https://www.iks.fraunhofer.de/de/themen/kuenstliche-intelligenz.html, abgerufen am 27.12.2023