Im Januar 2020 war ich beruflich in Frankfurt a. M. stationiert. Ich unterstütze in dieser Zeit einen unserer Kunden beim Aufbau eines Programm Managements zur strategischen Ausrichtung des Endkundengeschäftes sowie der Durchführung der entsprechenden Projekte als Projekt Manager. Da der Kunde etwas außerhalb von Frankfurt a. M. ansässig war und um Zeit zu sparen, fuhr ich die restliche Strecke immer mit dem Taxi („Zeit ist Geld, Geld ist Luxus und Luxus kann ich mir nicht leisten“).
Auf dem Weg vom Büro zum Hauptbahnhof hatte ich mit dem Taxifahrer wieder einen angenehmen Plausch über das Wetter und dem Verkehr, der aufgrund der Finanzmetropole Frankfurt immer mehr zunimmt. Als wir pünktlich und mit genügend zeitlichem Puffer den Hauptbahnhof erreichten, bezahlte ich mit meiner Firmenkreditkarte (natürlich habe ich auch Trinkgeld gegeben) und bewegte mich mit meinem graumelierten, mit vier Rollen ausgestatteten fancy Reisetrolley und meiner darauf befestigten braunen Lederaktentasche (welche ich mir vor ca. einem Jahr zugelegt habe und ich immer noch fancy finde) zum entsprechenden Bahnsteig.
Da es an diesem Tag kalt war und ich fror, versuchte ich mich mit wippenden Bewegungen (= iterative Gewichtsverlagerungen von einem Bein auf das Andere) warm zu halten, bis mein ICE Richtung Heimat eintraf. Wenn ich warte, schaue ich mir gerne die Umgebung und die Menschen an und mache mir Gedanken. Ich wundere mich z. B. immer wieder, wie viele Menschen beruflich weite Strecken pendeln (müssen). Allerdings bin ich dann aber auch immer wieder beruhigt, dass auch andere Menschen für ihre berufliche Tätigkeit längere Reisezeiten auf sich nehmen (müssen).
Als ich mir mit meinen sich wiederholenden (= iterativ) wippenden Bewegungen so meine Gedanken machte, erblickte ich am selben Bahnsteig ein bekanntes Gesicht. Ich fing´ an zu überlegen und dachte mir: „Den kennst Du doch von irgendwoher? Der sieht aus wie, wie ein Politiker.“ Ich freute mich insgeheim, ein mir bekanntes Gesicht aus der Heimat zu entdecken und legte mir schon ein paar Sätze zurecht, um mit dem mir bekannten Politiker ins Gespräch zu kommen und evtl. ein Foto mit ihm machen zu dürfen oder ein Autogramm zu erhalten.
Doch so schnell wie ich ihn erkannt habe, war er auch schon wieder verschwunden. Auch im Zug nach München und am Hauptbahnhof in München sind wir uns nicht mehr begegnet (Ich glaube, ich habe einfach zu lange überlegt.)
Am nächsten Tag war ich doch etwas neugierig, ob ich wirklich den mir bekannten Politiker am Hauptbahnhof Frankfurt a. M. am Bahnsteig gesehen habe oder ob ich mich schlichtweg getäuscht habe. Ich bin auf die Idee gekommen, ihm eine freundliche Email zu schreiben und höflich zu fragen. Gesagt getan: Nach ein paar Suchanfragen in der Suchmaschine meines Vertrauens habe ich dann auch eine anonymisierte Emailadresse gefunden und ihm eine kurze Nachricht geschrieben. (Mit einer „anonymisierten Emailadresse“ meine ich in diesem Fall, dass an diesem Politiker gerichtete Emails erst einmal behördlich verifiziert werden, bis die Nachrichten dem eigentlichen Empfänger erreichen).
Ich dachte mir: „Was kann schon passieren? Schlimmstenfalls wird meine Email aussortiert und ich erhalte keine Antwort.“
Doch nach ein paar Tagen erhielt ich wirklich einen sehr freundlichen Brief. Meine Email war ausgedruckt und in handschriftlicher Form hat er dazu Stellung genommen, weshalb er an diesem Tag in Frankfurt a. M. gewesen war und ich mich nicht getäuscht habe. Zudem wurden noch zwei Autogramme beigefügt. Eines ohne persönliche Widmung. Ein anderes direkt adressiert an den „Lieben Herrn Neumeyer“.
Wow – damit hätte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Aber diese Reaktion zeigt doch sehr gut, dass menschliche Politiker doch noch existieren. Politker, die sich auch mal Zeit nehmen für eher unpolitische Angelegenheiten. Gerne mehr davon!